Dienstag, 5. Oktober 2010

Verstehen die Asiaten die Volkswirtschaft?

Heute lädt eine beinahe nebenbei geschriebene Bemerkung auf Seite 1 im Artikel "Europa und Asien arbeiten enger zusammen" zu amüsanter Spekulation ein:

Wie von Diplomaten zu erfahren war, verknüpfen die asiatischen Länder ihre Bereitschaft, weitgehende Reformen im Rahmen der G 20 zu unterstützen mit der Erwartung an die Europäer, ihre öffentlichen Haushalte in Ordnung bringen.

Ob die nicht näher genannten asiatischen Länder - ein Kommentar von Cerstin Gammelin auf der Meinungsseite legt nahe, dass es sich primär um China handelt - verstehen, dass ein Sparkurs die europäische Wirtschaft weiter belasten und daher die in Asien gehaltenen Euro-Reserven weiter gefährden wird? Schon jetzt zeichnet sich an einigen Stellen ab, dass es wieder bergab gehen wird.

Da zumindest China die heimische Wirtschaft mit massiven Staatsdefiziten anfeuert muss man eigentlich davon ausgehen, dass sie sich dieser Mechanismen bewusst sind. Ist also das Drängen auf einen Sparkurs ein geschickter Akt der volkswirtschaftlichen Sabotage? Andererseits: die Euro-Regierungen reiten sich ganz von alleine in den Absturz und brauchen dafür keine chinesischen Einflüsterer. Vielleicht glauben die Chinesen also wirklich, dass die europäischen Volkswirtschaften nach ganz anderen Kriterien funktionieren als ihre eigene?

Kurios ist das alles jedenfalls.

Über die Dummheit eines Sparkurses habe ich schon anderswo geschrieben, deshalb will ich im Zusammenhang mit dem Artikel "Bundesbank verlangt härteren Sparkurs" auf Seite 6 auf etwas anderes hinweisen:

So erklärte der Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften, durch die Einführung einer Flugticketsteuer mit einem jährlichen Aufkommen von einer Milliarde Euro drohe der Verlust von sechs Millionen Passagieren im Jahr und von 16 400 Arbeitsplätzen.

Man fragt sich, woher solche Zahlen kommen - insbesondere fragt man sich, ob irgendjemand über die interne Logik solcher Zahlen zueinander nachdenkt.

Setzen wir doch die 6 Millionen Passagiere weniger den 16 400 verlorenen Arbeitsplätzen gegenüber, dann kommen wir auf knapp 366 Passagiere pro Arbeitsplatz. Das Jahr hat ungefähr 366 Tage. Im Klartext heißt das also: der Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften behauptet, dass die Fluggesellschaften 16 400 Arbeitsplätze einsparen könnten, wenn pro Tag 16 400 Menschen weniger fliegen würden.

Diese Zahlen kann man also getrost als übertriebene Schaumschlägerei eines Lobbyverbands ignorieren.

Zu guter Letzt gehört zu Kritik auch, dass man Gutes lobt. In diesem Zusammenhang gefällt mir Fabian Heckenbergers Artikel "Halbvoll bis halbleer" auf Seite 19 zumindest insofern, als er auf die unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten ein und derselben Nachricht hinweist, wie auch ich es schon zu einem anderen Anlass getan habe.

Die Zwischenüberschrift ist leider ziemlich tendenziös. Aber ich bin schon froh, wenn ich im SZ-Wirtschaftsteil einen Artikel wenigstens teilweise loben kann.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen