Donnerstag, 4. November 2010

Minsky

In "Deutschland, deine Gründer" auf Seite 22 steht über Kredite:

In den meisten Fällen lehnte die Bank einen neu beantragten Kredit ab. Überwiegend haperte es an fehlenden Sicherheiten, mangelnder Bonität oder an eigenem Kapital des Kreditnehmers. Auch wurde häufig an der Rentabilität des Projekts gezweifelt. Die Fachleute sind sich einig darüber, dass diese Finanzierungsschwierigkeiten andauern werden. Licht bezeichnete die hohe Ablehnungsquote der Bankkredite als problematisch. Dieses Niveau sei kaum zu verschlechtern, sagte er. Auch Bretz geht davon aus, dass die Zeiten eines einfachen und günstigen Bankkredits nicht wiederkommen und verwies auf die strengeren Regeln für die Banken, durch die sich Kredite verteuern und Prüfungen der Neuheiten auf Rentabilität verschärfen.

Natürlich werden die Zeiten einfacher Bankkredite wiederkommen. Schließlich wollen Banken Gewinne einfahren, und das können sie nur, indem sie Kredite vergeben.

Die ganze Situation wird deutlich klarer, wenn man sich die Theorie über die Entstehung von Finanzkrisen von Hyman Minsky näher ansieht. Grob zusammengefasst beschreibt er ein von der menschlichen Psychologie getriebenes dynamisches System. In Zeiten von wirtschaftlichen Folgen machen Banken gute Erfahrungen mit Krediten und reduzieren aus Profitgier die Anforderungen, die sie an Kreditnehmer stellen. Dadurch werden wirtschaftliche Entwicklungen weiter erleichtert, neue Erfolge stellen sich ein, und die Anforderungen an Kreditnehmer werden weiter aufgeweicht - bis die Kreditvergabe irgendwann zu locker wird. Dann schnellt auf einmal die Anzahl der faulen Kredite in die Höhe, es kommt zur Krise, und die Banken werden aus gutem Grund sehr, sehr vorsichtig bei der Kreditvergabe.

Erst wenn sich die wirtschaftliche Entwicklung erholt werden die Banken wieder mutiger und der Zyklus beginnt erneut. Daraus können wir zwei Dinge lernen:

  1. Diese Art von Zyklus wird es immer geben, er folgt zwingend aus der Natur der beteiligten menschlichten Akteure. Regulierung kann diesen Zyklus nicht verhindern, aber sie kann beeinflussen, auf welchem Niveau der Zyklus abläuft und wie tief der Absturz am Ende wird.

  2. Es ist naiv darauf zu hoffen, dass die wirtschaftliche Erholung durch eine Lockerung der Kreditvergabe durch Banken ausgelöst wird. Nur umgekehrt kann es funktionieren: eine initiale wirtschaftliche Erholung von außerhalb kann die Angststarre der Banken lösen und dadurch einen positiven Kreislauf anstoßen.


Woher kann dieser externe Impuls kommen? Der Schlüssel dazu liegt, wie so oft, in der Nachfrage. Niemand will Kredite an Firmen vergeben, für deren Produkte keine Nachfrage existiert. Wenn aber erst einmal die Nachfrage gesichert ist, dann ist auch die Kreditvergabe kein Problem mehr.

Grober Unfug wird auf Seite 23 in "Großinvestoren müssen mehr Aktien kaufen" erzählt:

Ohnehin erwartet der DWS-Manager künftig stärkere Konjunkturschwankungen: „Die Staaten können es sich finanziell nicht mehr leisten, den Abschwung durch Fiskalpolitik abzufedern, ...

Das mag auf Deutschland zutreffen, da Deutschland keine eigene Währung mehr hat. Für Island, Großbritannien, oder die USA trifft es aber nicht zu. Diese Staaten sind in ihrer eigenen Währung souverän und unterliegen daher keinerlei finanziellen Beschränkungen. Wer nicht einmal diese einfache Tatsache versteht, sollte sich mit Investment-Ratschlägen besser zurückhalten.

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