Donnerstag, 17. März 2011

Prof. Markus Kerber und Hans-Olaf Henkel verstehen die Welt nicht

Im Artikel "Die Angst vor der Transferunion" auf Seite 24 der heutigen SZ wird über einen offenen Brief von Prof. Markus Kerber und Hans-Olaf Henkel an die Bundestagsabgeordneten berichtet:

Er enthält den dringenden Aufruf an die Volksvertreter, die Zustimmung zur Erweiterung des Rettungspaketes zu verweigern. „Das Votum des Deutschen Bundestags ist historisch: Er entscheidet darüber, ob Deutschland seine finanzwirtschaftliche Souveränität behält [...]

Tja, ihr Lieben, da habt ihr wohl die letzten zwei Jahrzehnte verschlafen. Seine Souveränität hat Deutschland nämlich aufgegeben, als es dem Euro beigetreten ist.

Sehr enttäuscht bin ich über die niedrigen journalistischen Standards im Interview "Es könnte Domino-Effekte geben" und dem passenden Kommentar "Mut der Verzweiflung" von Catherine Hoffmann zu den wirtschaftlichen Folgen der Japan-Katastrophe, beide auf Seite 17. Damit meine ich gar nicht so sehr, dass natürlich keiner der Beteiligten den Zusammenhang zwischen der hohen Staatsverschuldung Japans und dem Sparverhalten des japanischen Privatsektors versteht - das gehört schließlich zum Standardrepertoire. Was mich stört, ist das hier:

200 Milliarden Euro hat die Notenbank schon in die Banken geschleust.

Oder auch das hier:

[...] nun hat die Notenbank innerhalb kurzer Zeit 180 Milliarden Dollar in die Märkte gepumpt.

Solche Statements werfen mit großen Zahlen um sich, sind aber vollkommen nichtssagend. Was verbirgt sich denn hinter den schwammigen Verben "schleusen" und "pumpen"?

Jede Zentralbank gibt den ihr angeschlossenen Banken die Möglichkeit, regelmässig Geld bei ihr zu leihen, solange die regulatorischen Anforderungen erfüllt sind. Dies gehört zu den Werkzeugen, mit denen die Zentralbank ihre Geldpolitik realisiert. Ob solche Transaktionen durchgeführt werden oder nicht liegt aber nicht in der Hand der Zentralbank: die Zentralbank setzt lediglich den Leitzins und damit auch die daran gekoppelten Zinssätze, zu denen Geld verliehen wird. Ob die Banken davon Gebrauch machen oder nicht entscheiden sie selbst. Die Zentralbank hat darauf keinen Einfluss. Wenn es sich bei den genannten Summen um Transaktionen zur Stabilisierung des Leitzins handeln sollte, dann ist dies eine absolute Nullmeldung, da die japanische Zentralbank den Leitzins seit der Katastrophe nicht geändert hat (der japanische Leitzins liegt unverändert bei 0%, Banken zahlen bei der Zentralbank einen Zinssatz von 0,3%). Es ist dann also nicht die Zentralbank, die aktiv ins Geschehen eingreift. Sie reagiert lediglich passiv auf die sich änderenden Anforderungen des japanischen Bankensystems.

Andererseits haben Zentralbanken auch die Möglichkeit, aktiv ins Geschehen einzugreifen, wie es zur Zeit zum Glück die EZB mit dem Aufkauf von Staatsanleihen macht. Prinzipiell können sie auch einfach Geld an Unternehmen überweisen, zumindest rein technisch - die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind natürlich von Land zu Land unterschiedlich. Es würde sich dann jedenfalls qualitativ deutlich von den oben skizzierten passiven Handlungen unterscheiden.

Aber von all dem findet sich in der Berichterstattung der SZ kein Wort - sie belässt es bei vagen, nichtssagenden Verben wie "pumpen" und "schleusen". Wahrscheinlich wissen die Autoren gar nicht, worüber sie da eigentlich schreiben. Hauptsache, sie können mit großen Zahlen um sich werfen.

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