Montag, 25. Oktober 2010

Beton

Auf Seite 23 wird in "Gefährliches Ungleichgewicht" praktisch Unmögliches gefordert:

Führende Ökonomen halten die Glaubwürdigkeit des Euro für „gefährdet“ und warnen vor einer weiteren Belastung der gemeinsamen Währung durch eine verwässerte Reform des EU-Stabilitätspaktes.
[...]
Nötig sei es, staatliche und private Schulden abzubauen und die Wettbewerbsfähigkeit insgesamt zu erhöhen.

Rein buchhalterisch ist der Euro-Kreislauf geschlossen. Wenn die Euro-Staaten ihre Schulden abbauen wollen, dann muss dafür rein rechnerisch netto irgendwoher Geld kommen. Wenn der private Sektor seine Schulden abbauen will, dann muss dafür rein rechnerisch netto irgendwoher Geld kommen.

Aber woher könnte das Geld denn kommen? Es bleibt nur der Rest der Welt übrig. Sowohl staatliche als auch private Schulden gleichzeitig abzubauen ist rein rechnerisch nur möglich, wenn ein Exportüberschuss erreicht wird. Das ist keine volkswirtschaftliche Theorie sondern unausweichliche buchhalterische Realität.

Nur: zur Zeit versuchen ja selbst die USA, die bisher fröhlich Exporte aller Länder aufgesaugt haben, ihre Importe zu verringern bzw. mehr zu exportieren. Es ist schlicht unmöglich, dass alle Staaten gleichzeitig einen Exportüberschuss aufweisen. Egal wie "wettbewerbsfähig" die Volkswirtschaften weltweit sind: solange sich niemand findet, der die Exporte aufsaugt, ist ein Exportüberschuss unmöglich. Mal ganz abgesehen davon, dass ein Exportüberschuss nichts anderes bedeutet, als reale Güter und Dienstleistungen ins Ausland zu schicken ohne einen realen Gegenwert zu erhalten, und daher ohnehin keine besonders kluge Politik ist.

In ihrem Wahn drängen die selbsternannten Experten - Scharlatane wäre ein besseres Wort - darauf, brutale Lohnsenkungen durchzudrücken, und zwar weltweit. Die Folge ist eine vollkommen unnötige Abwärtsspirale, an deren Ende wir alle mit einem niedrigeren realen Lebensstandard dastehen werden.

Tatsache ist, dass die Staatsschulden der Euro-Länder weitgehend egal wären, wenn die Euro-Länder die EZB dazu bringen würden, für die Schulden zu garantieren. Dann wäre auch ein Abbau der privaten Schulden und ein Aufbau privaten Vermögens möglich - denn rein buchhalterisch stehen Staatsschulden zwangsläufig private Vermögen gegenüber. Aber die neoliberalen Betonköpfe auf allen Ebenen zerstören viel zu gerne, als dass sie konstruktive Politik zulassen würden.

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